Richtlinien für Eintragungswerber für die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher

Sehr geehrte Damen und Herren!

Sie interessieren sich für eine Eintragung in die elektronische Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen oder möchten eine Erweiterung ihrer bestehenden Eintragung beantragen (Erweiterungsantrag). Als Verband, der es sich zum Ziel gesetzt hat, bei der Erfassung aller Gerichtssachverständigen mitzuwirken und die Heranbildung und Weiterbildung von Sachverständigen zu fördern, möchten wir Ihnen dazu einige Hinweise geben.

Gerichtliche Sachverständige sind Helfer des Gerichts und stellen diesem ihr Fachwissen zur Verfügung. Im Interesse der Qualität der Rechtspflege muss daher hervorragende Sachkunde, aber auch Objektivität, Unabhängigkeit und Verlässlichkeit verlangt werden.

Die Fähigkeit, sich korrekt auszudrücken, die einwandfreie Beherrschung der deutschen Sprache und der Rechtschreibung sowie die Fähigkeit, auch fachlich schwierige Sachverhalte verständlich darzulegen, sind weitere unabdingbare Voraussetzungen.

Das Vorliegen und der Weiterbestand dieser Voraussetzungen wird in einem Qualitätssicherungsverfahren (Zertifizierung) geprüft, das die Präsidenten/Präsidentinnen der Landesgerichte (in Wien auch der Präsident/die Präsidentin des Handelsgerichtes Wien) als Zertifizierungsstellen durchführen und dessen Ziel die Eintragung in die elektronisch geführte Gerichtssachverständigen- und Dolmetscherliste (sdgliste.justiz.gv.at) ist.

Nach § 2 des Bundesgesetzes über die allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher (SDG) sind für eine Eintragung in die Gerichtssachverständigenliste folgende Voraussetzungen erforderlich:

  • Sachkunde und Kenntnisse über die wichtigsten Vorschriften des Verfahrensrechts, über das Sachverständigenwesen, über die Befundaufnahme sowie über den Aufbau eines schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens; die Prüfung der Sachkunde entfällt bei Inhabern einer entsprechenden Lehrbefugnis an einer Hochschule oder bei Angehörigen eines Berufes, zu dem nach der Berufsordnung auch die Erstattung von Gutachten gehört, z.B. bei Ärzten, Wirtschaftstreuhändern, Psychologen, Ziviltechnikern und Patentanwälten
  • zehnjährige, möglichst berufliche Tätigkeit in verantwortlicher Stellung auf dem bestimmten oder einem verwandten Fachgebiet unmittelbar vor der Eintragung; eine fünfjährige Tätigkeit solcher Art genügt, wenn der Bewerber als Berufsvorbildung ein entsprechendes Hochschulstudium oder Studium an einer berufsbildenden höheren Schule erfolgreich abgeschlossen hat
  • volle Geschäftsfähigkeit
  • körperliche und geistige Eignung
  • Vertrauenswürdigkeit
  • österreichische Staatsbürgerschaft oder die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union und der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum sowie der Schweizerischen Eidgenossenschaft
  • gewöhnlicher Aufenthalt oder Ort der beruflichen Tätigkeit im Sprengel des Landesgerichts, bei dessen Präsidenten/Präsidentinnen der Bewerber die Eintragung beantragt
  • geordnete wirtschaftliche Verhältnisse
  • Abschluss einer Haftpflichtversicherung
  • ausreichende Ausstattung mit der für eine Gutachtenserstattung im betreffenden Fachgebiet erforderlichen Ausrüstung
  • Bedarf an Sachverständigen im betreffenden Fachgebiet

Für Ihren Eintragungsantrag ist jene Präsidentin/jener Präsident des Landesgerichts zuständig, in deren/dessen Sprengel Sie Ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder den Ort Ihrer beruflichen Tätigkeit (Zentrum der wirtschaftlichen Interessen) haben (LG Eisenstadt, LG Korneuburg, LG Krems/Donau, LG St. Pölten, LG Wr. Neustadt). Eine Liste der Landesgerichte Wien, Niederösterreich und Burgenland können Sie hier laden.

In Wien ist die Präsidentin/der Präsident des Handelsgerichtes Wien für die Sachverständigen auf den Gebieten des Handels, des Gewerbes, der Industrie und der sonstigen Wirtschaftszweige (Fachgebiete 30 bis 94) und die Präsidentin/der Präsident des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen für alle übrigen Sachverständigen (Fachgebiete 01 bis 23) zuständig. Streben Sie die Eintragung in Fachgebiete beider Präsidentinnen/Präsidenten an, so ist jene/jener Präsident/in zuständig, die oder der mehr Fachgebiete repräsentiert. Bei gleicher Anzahl ist jenes Fachgebiet maßgeblich, das Sie im Antrag auf Eintragung zuerst nennen.

Wenn Sie nach bereits erfolgter Zertifizierung die Eintragung für weitere Fachgebiete anstreben (Erweiterungsantrag), ist dafür der/die Präsident/in des Gerichtshofes zuständig, bei dem Sie ursprünglich eingetragen wurden.

Ein Formular für den Eintragungsantrag können Sie hier laden. Dem Ansuchen sind Lebenslauf, Schulzeugnisse, Berufsnachweis, Nachweis über 5- bzw. 10-jährige verantwortliche Tätigkeit (Dienstgeberbescheinigung), Staatsbürgerschaftsnachweis, Meldebestätigung und ein EU-taugliches Passfotoanzuschließen. Eine Strafregisterbescheinigung ist nach § 4 Abs 2 SDG nicht zwingend notwendig, kann aber aufgetragen werden. Im Zweifelsfall empfiehlt sich eine Rückfrage im zuständigen Präsidium. Für den Antrag sind € 63,00 Gerichtsgebühren zu entrichten, die beim Rechnungsführer des Gerichtes einzuzahlen oder auf das Konto des zuständigen Gerichtes zu überweisen sind. Als Verwendungszweck geben Sie bitte „Antrag auf Eintragung in die Gerichtssachverständigenliste“ an. Die Bankverbindungen der Landesgerichte Wien, Niederösterreich und Burgenland finden Sie hier.

Zur Auswahl der konkreten Fachgebiete beachten Sie bitte folgendes Merkblatt.

Im Zuge des Eintragungsverfahrens holt die Präsidentin bzw. der Präsident unter anderem zur Prüfung der Sachkunde, der Kenntnisse der Verfahrensvorschriften und der Berufsvorbildung ein Gutachten einer Kommission ein, der ein Richter und zwei Fachleute, die von der Kammer oder gesetzlichen Interessensvertretung, zu der das betreffende Fachgebiet gehört und vom Hauptverband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs namhaft gemacht wurden, angehören. Die Kommission hat die Bewerberin oder den Bewerber mündlich, allenfalls auch schriftlich zu prüfen.

Auch bei einem Erweiterungsantrag sieht das Gesetz keine Ausnahme vom Erfordernis der Prüfung der Verfahrensrechtskunde (Kenntnis der wichtigsten Vorschriften des Verfahrensrechts und über das Sachverständigenwesen, § 2 Abs 2 Z1 lit a SDG) vor. Üblicherweise nehmen die Vorsitzenden der Zertifizierungskommission auch dann eine Rechtskunde-Befragung vor, wenn die Zertifizierung erst kürzlich erfolgt ist.

Für die Prüfung ist nach der VO des BMJ (BGBl II 2007/397) eine Prüfungsgebühr von € 400,00 an das zuständige Landes- oder Handelsgericht zu entrichten. Bei Heranziehung von mehr als drei Prüfern erhöht sich diese Gebühr um € 100,00 je zusätzlichem Prüfer. Die Höhe der Prüfungsgebühr wird Ihnen bei der Ladung zur Prüfung bekannt gegeben.

Im Fall eines spätestens drei Tage vor Beginn der Prüfung erklärten Rücktritts ist ein Viertel der Prüfungsgebühr zu zahlen. Gleiches gilt, wenn der/die Kandidat/in durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis am rechtzeitigen Erscheinen gehindert war und dies binnen 14 Tagen nach Wegfall des Hindernisses bescheinigt. Anderenfalls ist die Prüfungsgebühr in voller Höhe zu entrichten.

Zur Vorbereitung auf die Prüfung bietet der Landesverband ein zweitägiges Grundseminar an.
Wir empfehlen, sich für dieses Seminar erst anzumelden, wenn Sie Ihre Eintragung beantragt haben und Ihr Antrag von der Präsidentin bzw. dem Präsidenten geprüft wurde. Sie erhalten daraufhin noch eine eigene Einladung zu diesem Seminar.
Link zu den Terminen

Zur Prüfungsvorbereitung für Fragen aus dem Verfahrensrecht und des Sachverständigenwesens bietet der Landesverband eine „Online Prüfung“ an, um das Erlernte zu reflektieren. Weitere Details finden Sie hier.

Für die vor Eintragung in die Liste nachzuweisende Haftpflichtversicherung hat der Hauptverband einen Rahmenvertrag abgeschlossen, auf dessen Grundlage Versicherungsschutz im Rahmen von Einzelverträgen und (für geringfügig beauftragte Sachverständige) von Kollektivverträgen gewährt wird. Es bleibt Ihnen aber selbstverständlich unbenommen, selbst für die erforderliche Versicherungsdeckung zu sorgen.

Details zur Versicherung

Gemäß § 8 Abs 5 SDG hat der Sachverständige bei der Unterfertigung schriftlicher Gutachten ein Rundsiegel zu verwenden, das seinen Namen sowie die Bezeichnung „Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger“ enthält. Ein Siegelabdruck ist nach Eintragung in die Liste dem zuständigen Präsidenten bzw. der Präsidentin vorzulegen. 

Interessierte Kandidatinnen und Kandidaten können zunächst Anwärter (für maximal 5 Jahre) und nach Eintragung in die Gerichtsliste ordentliches Mitglied beim Landesverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland werden. Nach Antrag der Mitgliedschaft erhalten Sie die Standesregeln und die Statuten.

Ordentliche Mitglieder erhalten zusätzlich zwei Aufkleber mit dem Gerichtssachverständigen-Logo.

Die Mitgliedschaft ist freiwillig.

Die Aufnahmegebühr beträgt einmalig € 121,00, der Mitgliedsbeitrag jährlich € 137,00 (Indexanpassung) sowohl für Anwärter als auch für ordentliche Mitglieder. Im Falle des Beitritts während des laufenden Kalenderjahres sind folgende Anteile zu entrichten: Im ersten Quartal 100 %, im zweiten Quartal 75 %, im dritten Quartal 50 % und im vierten Quartal 25 %. Im Mitgliedsbeitrag ist auch der vierteljährliche Bezug der Zeitschrift "Sachverständige" enthalten.

Wenn Sie an einer Mitgliedschaft interessiert sind, geben Sie dies bitte bekannt, damit Ihnen die entsprechenden Unterlagen zugesandt werden können.

Für weitere Anfragen steht das Sekretariat gerne zur Verfügung.

Alexander Schmidt
25.2.2013

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